Deutliche Prozessverbesserung durch Shock Pulse Generatoren in der KVA Bern

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Die KVA Bern Forsthaus wurde im Jahr 2012 in Betrieb genommen. Die Reinigung der Kessel-Leerzüge erfolgte bis 2018 mittels ShowerCleaning (SCS). Im Jahr 2018 wurde das ShowerCleaning durch drei Shock Pulse Generatoren ersetzt. Bei Shock Pulse Generatoren wird mit geringerer Reinigungsleistung pro Reinigungsvorgang, dafür aber deutlich häufiger, abgereinigt. Dadurch werden die in vielen Anlagen bekannten Sägezahnprofile in den Rauchgastemperaturen vermieden, die Asche wird gleichmässiger ausgetragen und die Wechselbelastung der Aggregate wird reduziert. Die Gegenüberstellung von drei Betriebszeiträumen vor und nach dem Systemwechsel der Leerzugreinigung zeigt, dass sowohl die maximalen als auch die mittleren Rauchgastemperaturen deutlich reduziert wurden. Die Reduktion der Rauchgastemperatur am Eintritt in den Horizontalzug ist eine wichtige Voraussetzung, um die Anlage dauerhaft bei einer Leistung von 110% betreiben zu können. Gleichzeitig wurde der Energiebedarf für die Kesselreinigung verringert.

Die Arbeiten wurden durch die Martin GmbH und Explosion Power GmbH in Zusammenar­beit mit ewb durchge­führt. Für die Auswer­tung der Betriebsdaten wird die Prozessdaten-Plattform PI verwendet.

Konzept der Energiezentrale Bern Forsthaus

Die Energiezentrale gehört zu Energie Wasser Bern (ewb), welche am Standort Forsthaus die folgenden Energieanlagen betreibt:
Eine KVA (59 MW thermische Leistung), ein Holzheizkraftwerk HHKW (32 MW), ein Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk GuD (131 MW) und zwei Spitzenlastkessel (2×24 MW).
Die Kehrichtverwertungsanlage Bern (KVA) wurde 2012, als Teil der Energiezentrale Bern Forsthaus, in Betrieb genommen. Diese KVA ersetzt die frühere Kehrichtverwertungsanlage der Stadt Bern, welche sich am Warmbächliweg befand.

Bei der neuen einlinigen KVA mit einer Auslegungsleistung von 110‘000 t/a handelt es sich im thermischen Teil im Wesentlichen um eine Rostverbrennung mit Rückschubrost, einem 4‑Zug-Kessel mit 3 vertikalen Leerzügen und einem Horizontalzug (Dampfleistung nominal 73 t/h bei 40 bar(a) und 400 °C). Es folgen Elektrofilter, Rohgas-Katalysator und externer Economiser. Für die Rauchgasreinigung kommen ein Nasswäscher und ein Gewebefilter zum Einsatz. Der produzierte Dampf wird in einer Entnahme-Kondensations-Turbine entspannt.

Deutlich verbesserte Abreinigung der Leerzüge mittels SPG

Für die Abreinigung der Kessel-Leerzüge wurde die Anlage ursprünglich mit einem ShowerCleaning System (SCS) ausgerüstet. Die Abreinigungswirkung resultiert einerseits aus dem Impuls beim Auftreffen der Wassertropfen (wie bei einem Hochdruckreiniger) und andererseits aus der schlagartigen Verdampfung des in die Beläge eingedrungenen Wassers und der damit einhergehenden starken Volumenzunahme. Das Wasser wird über einen mit einem Sprühkopf versehenen Schlauch eingebracht, welcher für den jeweiligen Reinigungsvorgang durch einen Stutzen in der Kesseldecke in den Kessel eingeführt wird. ShowerCleaning wird üblicherweise so eingesetzt, dass der Reinigungsvorgang erst bei Erreichen einer grösseren Ablagerungsschichtdicke ausgelöst wird, da ein Besprühen von blanken Wänden zu starkem Verschleiss der Wände führen kann.

Aus den vorgenannten Gründen wird mit einem ShowerCleaning System in Abständen von mehreren Tagen bis 1x pro Woche abgereinigt. Dies im Vergleich zu den meisten anderen Kesselreinigungssystemen, die üblicherweise mehrmals pro Tag eingesetzt werden. Ein daraus resultierender, wesentlicher Nachteil von ShowerCleaning Systemen ist das charakteristische Sägezahnprofil der Rauchgastemperaturen in den nachfolgenden Kesselbereichen und in anderen Anlagekomponenten. Im Folgenden ist ein Monatsverlauf der Rauchgastemperatur vor dem Endüberhitzer bei der Abreinigung des Leerzugs mit ShowerCleaning dargestellt.  

Abb. 2: Ein-Monatsverlauf der Rauchgastemperatur vor Endüberhitzer mit fünf ShowerCleaning-Vorgängen bei nominaler Dampfleistung von 73 t/h. Die Rauchgastemperatur vor dem Endüberhitzer (blaue Linie) steigt jeweils auf unerwünschte Werte von >650°C an «Sägezahnprofil».  
(Grafik Explosion Power GmbH)

Im dargestellten Zeitraum erreicht die Rauchgastemperatur vor dem Endüberhitzer Spitzenwerte bis zu 700°C, bevor diese durch den nächsten Reinigungsvorgang um rund 60°C gesenkt wird. Rauchgastemperaturen von über 650°C wirken sich negativ auf die Korrosionsrate und die Lebensdauer des Endüberhitzers aus und verschlechtern die Abreinigbarkeit der Ablagerungen im Horizontalzug.

Ersatz des ShowerCleaning durch Shock Pulse Generatoren (SPG)

Da häufigere Reinigungsvorgänge beim ShowerCleaning aber unerwünscht sind (grosser Wasserverbrauch pro Reinigungsvorgang, hohe Materialbelastung, höhere Rauchgasverluste), hat sich die KVA 2018 im Rahmen einer geplanten Leistungserhöhung für den Ersatz des ShowerCleanings durch Shock Pulse Generatoren im entschieden.

Bei Shock Pulse Generatoren wird der Dampferzeuger durch Druckwellen gereinigt, welche durch die schlagartige Verbrennung geringer Mengen einer Mischung aus einem brennbaren Gas (Erdgas oder Methan) und einem Oxidationsmedium ausgelöst werden. Im Gegensatz zu manuellen Verfahren mit demselben Wirkprinzip (z.B. Sprengreinigung mit aufblasbaren Ballonen, Sprengschnüren oder Patronen) finden bei den SPG die automatisch ausgelösten, schlagartigen Verbrennungen in einem stabilen, druckfesten Behälter ausserhalb des Kessels statt. Die erzeugte Druckelle wird über ein Ventil und eine Austrittsdüse in den Kessel geleitet, wo sie das Rauchgas, die Kesselrohre und die Wände derart in Schwingung versetzt, dass die Beläge abgereinigt werden. Durch die kugelförmige Ausbreitung des Shock Pulses ist die Reinigung in allen Richtungen wirksam und erreicht auch die schattigen Stellen von Rohrbündeln. Dadurch wird eine schonende Reinigung der Kesselheizflächen in allen Temperaturbereichen vom Feuerraum bis zum Economizer ermöglicht, ohne erhöhte Beanspruchung der zu reinigenden Flächen.


Für die Reinigung der Leerzüge in der KVA Bern Forsthaus werden drei Shock Pulse Generatoren eingesetzt; ein EG10XL im zweiten Zug und zwei gegenüberliegende EG10L im dritten Zug. Im dritten Zug werden zwei Geräte eingesetzt, weil dort eine Mittelwand den Kessel in zwei etwa 4 m breite Hälften teilt. Der erste Zug muss nicht separat abgereinigt werden, u.a. weil der im zweiten Zug eingebaute SPG dort noch ausreichend wirksam ist. Die Frequenz der Shock Pulse (SP) wird nach Bedarf angepasst und beträgt im Mittel ein SP pro Stunde je SPG. Für die Abreinigung der Bündel im Horizontalzug werden pneumatisch betriebene Einzelschlagzylinder verwendet.

Abb. 3: Einbauposition der SPG im Kessel der KVA Bern (Grafik Explosion Power GmbH)

Die eingesetzten EG10L und EG10XL gehören zur EG10-Serie der durch Explosion Power GmbH hergestellten Shock Pulse Generatoren. Von dieser Serie wurden seit der Einführung im Jahr 2009 weltweit rund 900 Shock Pulse Generatoren installiert.

Abb. 4: Shock Pulse Generator EG10L im dritten Zug der KVA Bern Forsthaus (Foto Explosion Power GmbH)

Betrieb nach der Umstellung von ShowerCleaning auf Shock Pulse Generatoren

Seit Mai 2018 werden die Leerzüge ausschliesslich mit Shock Pulse Generatoren abgereinigt. Sollwert für die Frischdampfmenge war zu diesem Zeitpunkt noch der ursprüngliche Wert von 73 t/h, die Rauchgastemperatur vor dem Endüberhitzer ÜH3 weist seither viel niedrigere Schwankungen auf. Der Mittelwert betrug 600°C was eine Reduktion um 40°C gegenüber dem Betrieb mit ShowerCleaning bedeutet. Der Maximalwert war mit 615°C gar 75°C niedriger als beim Betrieb ohne SPGs. Dadurch wird auch die Einspritzwassermenge deutlich konstanter.

Abb. 5: Ein- Monatsverlauf der Rauchgastemperatur vor Endüberhitzer bei nominaler Dampfleistung von 73 t/h. Mittelwert der Anzahl Shock Pulse/Tag/SPG als rote Linie (Grafik Explosion Power GmbH)

Niedrigere Rauchgastemperaturen auch bei Erhöhung der Dampfleistung

Ziel seitens ewb war, die Kesselleistung von ursprünglich 73 t/h langfristig auf 80 t/h zu steigern. Neben der Optimierung der Energienutzung erfolgt dadurch eine Steigerung der Kehrichtdurchsatzmenge von 110’000 t/a auf rund 140’000 t/a. Die folgende Abbildung zeigt, dass die nominale Leistung ab Mitte 2019 um 10% auf 80 t/h erheblich gesteigert werden konnte, ohne dass dadurch unerwünscht hohe Rauchgastemperaturen vor dem Endüberhit­zer auftraten.

Abb. 6: Ein-Monatsverlauf der Rauchgastemperatur vor Endüberhitzer bei nominaler Dampfleistung von 80 t/h. Mittelwert der Anzahl Shock Pulse/Tag/SPG als rote Linie (Grafik Explosion Power GmbH)

Seitdem die Leistungssteigerung realisiert wurde, beträgt der maximale Sollwert für die Frischdampfmenge 80 t/h. Die Rauchgastemperatur vor dem Endüberhitzer (ÜH3) betrug im Mittel 617°C, lag also, trotz 10% höherer Last, immer noch 25°C tiefer als mit ShowerCleaning. Der Maximalwert lag mit 632°C immer noch deutlich unter der kritischen Grenze von 650°C.

Abb. 7: Shock Pulse Generator SPGr10, zum Einsatz im zweiten Zug der KVA Bern Forsthaus
(Foto Explosion Power GmbH)

Einsatz der neuen SPGr-Serie

Ewb ist mit der aktuellen Situation sehr zufrieden. Die SPGs stehen seit der Inbetriebsetzung im Dauereinsatz und werden auch durch das Personal von ewb gewartet.

Im Jahr 2020 wurde durch die Explosion Power GmbH die SPGr-Serie eingeführt, welche sich dadurch unterscheidet, dass die Erzeugung der Druckwelle im Shock Pulse Generator durch Verbrennung von kleinen Mengen Erdgas (oder Methan) mit Luft anstatt mit Sauerstoff erfolgt. Zu den Hauptvorteilen der SPGr-Serie gehört das wesentlich längere Wartungsintervall und dass kein technischer Sauerstoff benötigt wird. Seit der Einführung der SPGr-Serie wurden bereits über 130 Einheiten verkauft, wovon über 50 bereits in Betrieb sind.

Die beiden Typen der der SPGr-Serie, SPGr10 und SPGr16, decken den gesamten Energiebereich der EG10-Serie und der TwinL ab, respektive erweitern diesen noch zu höheren Leistungen.

Ab Februar 2023 wird der EG10XL im 2. Zug für vorerst 2 Jahre durch einen SPGr10 ersetzt, um längere Wartungsintervalle und niedrigere Wartungskosten zu nutzen.

Danksagung

Energie Wasser Bern (ewb) ist Bauherr und Betreiber der Energiezentrale Forsthaus. Wir bedanken uns bei ewb, namentlich bei Herrn Thomas Bücherer und Herrn Thomas Andres, für die gute Zusammenarbeit und das zur Verfügung stellen der umfangreichen, detaillierten Anlagedaten.

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